Glasnost und Perestroika
Als Glasnost und Perestroika wurden zwei Schlagwörter bekannt, die prägend waren für die politische Umgestaltung
der Sowjetunion ab 1985 durch den damaligen Generalsekretär des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei der
Sowjetunion (kurz KPdSU), Michail Gorbatschow.
Glasnost
Der Begriff Glasnost (übersetzt sinngemäß "Transparenz") bezeichnet in diesem Zusammenhang die ab 1985 durch Gorbatschow eingeleitete Reformpolitik, die darauf abzielte, das gesamte staatliche Handeln in der Sowjetunion für das Volk insgesamt nachvollziehbarer und transparenter zu gestalten.
Gorbatschow sah dabei durch die Stärkung der allgemeinen Rede- und Pressefreiheit die Möglichkeit, eine kritische und öffentliche Diskussion über den damaligen politischen und wirtschaftlichen Zustand der Sowjetunion zu führen.
Zugleich sollte mit den weitreichender Reformen eine funktionierende Demokratie in der Sowjetunion etabliert werden.
Perestroika
Als Perestroika (übersetzt "Umstruktierung") wird schließlich die ab 1986 von Gorbatschow eingeleitete Modernisierung
des wirtschaftlichen, politischen und gesellschaftlichen Systems der Sowjetunion bezeichnet. Ermöglicht wurde diese
insbesondere auch durch den Reformprozess der Glasnost.
Auslöser der Perestroika war die vor 1985 bereits stark geschwächte wirtschaftliche Stellung der Sowjetunion.
Ursächlich daran war neben der ineffizienten sowjetischen Planwirtschaft auch der schlechte Zustand von
Wissenschaft und Technologie, die aufgrund der enorm hohen Militärausgaben während des Kalten Krieges lange
Zeit nur eine untergeordnete Rolle einnahm.
Innenpolitisch sollten insbesondere demokratische Strukturen etabliert werden. Dies wurde mit der Durchführung
von freien Wahlen und einer stärken Gewaltenteilung im Sinne eines funktionierenden Rechtsstaatsprinzips verwirklicht.
Außenpolitisch setzte Gorbatschow weiterhin auf eine weitgehende Entspannungspolitik mit dem Westen, wodurch
nicht zuletzt auch die enormen Militärausgaben im Sinn einer besseren gesamtwirtschaftlichen Situation
reduziert werden konnten.
Zur Stärkung der Wirtschaft zog sich der Staat zudem schrittweise aus der Regulierung von Unternehmen zurück
und erlaubte diesen damit eine weitgehende Neuausrichtung unter Berücksichtigung allgemeiner Grundsätze der
Marktwirtschaft. Zudem wurde es ausländischen Investoren nun erstmals erlaubt, in der Sowjetunion
Investitionen in Form von "Joint Ventures" (übersetzt "Gemeinschaftsunternehmen") unter sowjetischer
Aufsicht vorzunehmen. Durch diese Maßnahmen konnte neben der allgemeinen Verbesserung von
Außenhandelsbeziehungen auch die Gewinnung von frischem Kapital und moderner Technologie erreicht werden.
Aufgrund der Lockerungen der Zentralverwaltungswirtschaft konnte die wirtschaftliche Effizienz massiv
gesteigert werden, eine vollständige Umstellung auf das System der Marktwirtschaft unterblieb allerdings
trotz der bereits begonnenen Reformen. Dies führte letztlich zu einer großen wirtschaftlichen Instabilität,
die im weiteren Verlauf den wirtschaftlichen Zusammenbruch der Sowjetunion zur Folge hatte.
Folgen von Glasnost und Perestroika
Glasnost und Perestroika stehen heute als Schlagwörter für wichtige Reformprozesse mit entscheidendem
Einfluss auf die historische Entwicklung der Sowjetunion. Erst durch Glasnost war es den sowjetischen
Bürgern überhaupt ermöglicht, ihre Unzufriedenheit über die mangelhafte wirtschaftliche Situation auch
öffentlich darzustellen. Der hieraus resultierende öffentliche Druck war letztlich auch ein Grund für
die Auflösung der Sowjetunion im Jahr 1991. Die im Zuge der Perestroika im Vorfeld umgesetzten
wirtschaftlichen Reformen kamen dabei zu spät, um den wirtschaftlichen Bestand der Sowjetunion noch
retten zu können.
Nicht zuletzt förderten Glasnost und Perestroika auch die Entspannungspolitik zwischen der
Sowjetunion und den USA und damit deren weitere nukleare Abrüstung.
Michail Gorbatschow erhielt für seine Reformpolitik 1990 den Friedensnobelpreis.